Während sich die weltweite Aufmerksamkeit dank der Hollywoodschauspieler Ryan Reynolds und Rob McElhenney auf den Wrexham AFC richtet, liegt nur wenige Kilometer entfernt vom Racecourse Ground der Bellevue Park – Heimat des Bellevue FC, des ersten vollständig inklusiven Fußballverein in Wales.
Der Bellevue FC wurde mit dem Ziel gegründet, Menschen aus sozial und wirtschaftlich benachteiligten Verhältnissen die Möglichkeit zu geben, Ligafußball zu spielen. Er ist mehr als nur eine Mannschaft – er ist eine Gemeinschaft. Der Club heißt Spieler aus ethnischen Minderheiten willkommen: von Flüchtlingen über Asylbewerber, Wirtschaftsmigranten aber auch internationale Studenten. Auch Menschen aus der Region, die mit Hindernissen konfrontiert sind, wie z. B. Menschen mit psychischen Problemen, Lernschwierigkeiten und leichten Behinderungen, haben im Bellevue FC die Möglichkeit, Fußball zu spielen.
Ein Verein, geboren aus Notwendigkeit und Leidenschaft
Im Jahr 2016, während die walisische Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft 2016 für Furore sorgte, stand Bellevue Park vor einer ganz anderen Herausforderung: Der Platz stand aufgrund „mangelnder Nutzung” vor dem Aus. Doch statt aufzugeben, sahen einige engagierte Personen darin eine Chance, etwas Neues und Besonderes zu schaffen. Der Bellevue FC wurde nicht nur gegründet, um den Platz zu retten, sondern auch, um einen Ort der Begegnung für diejenigen Menschen zu schaffen, die lange Zeit vom Fußball ausgeschlossen waren.
Im Mittelpunkt dieser Bewegung steht Delwyn Derrick, Gründer, Sekretär, ehemaliger Manager und treibende Kraft des Vereins. Er erinnert sich an die Anfänge von Bellevue:
„Für viele Flüchtlinge, Asylsuchende und andere Migranten, die nach Wrexham kommen, ist dies die erste kommunale Einrichtung, der sie begegnen. Wir wollten einen Ort, an dem sich Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund treffen, Fußball spielen und Freunde finden können. Es lag einfach nahe, hier einen Fußballverein zu gründen, der das widerspiegelte, was der Park bereits leistete".
Die Anfänge des Vereins waren bescheiden.
„Wir saßen nach dem Fußballspielen unter einer Tanne und erfuhren, dass geplant war, den Platz stillzulegen. Dabei nutzt die Gemeinde diesen Platz ständig – Schulkinder, Gemeindegruppen, einfach alle. Also beschlossen wir, hier einen Liga-Verein zu gründen. Das Los viel auf mich und als jemand, der gerade kurz vorher entlassen worden war, viel mir die Aufgabe zu, einen Verein aufbauen".
Von Anfang an entwickelte sich der Bellevue FC schnell zu einem Zentrum für internationale Freundschaften.
„In unserem ersten Sommer spielten wir jeden zweiten Tag auf dem Platz und schlossen Freundschaft mit einigen deutschen und französischen Studenten, die den Platz ebenfalls nutzten. Wir spielten jede Woche gegen sie. Damals erkannte ich zum ersten Mal, welche Kraft dieser Verein für den Zusammenhalt der Gemeinde und die soziale Integration haben kann.“
Förderung des Frauenfußballs
Angesichts der diesjährigen Frauen-Europameisterschaft in der Schweiz und der Austragung des Halbfinales der Playoffs zwischen Cymru und der Slowakei in Cardiff, engagiert sich der Bellevue FC in der Förderung der Nachhaltigkeit des Frauenfußballs.
Die Strategie des Vereins besteht darin, jüngere Mädchenmannschaften zu ermutigen, an Wettkämpfen teilzunehmen. Ziel ist es, die Anzahl und die Erfolge der Frauenfußballmannschaften zu steigern, damit die Spielerinnen früher in ihrer Fußballkarriere ein höheres Erfahrungsniveau erreichen.
Der Verein ist auch die Heimat von Anne Marie-Withers, der ersten weiblichen Trainerin einer Männermannschaft in Nordwales. Sie ist seit drei Jahren Vereinsmitglied und arbeitet nun mit Programmen in Wales zusammen, um weibliche Fußballtrainerinnen anzuwerben. In Zusammenarbeit mit der FAW hilft sie Frauen, Jobs in der Branche zu besetzen, und ermutigt sie, sich zu hervorzutun – ein weiteres Beispiel für die wichtige Rolle des Bellevue FC bei der Unterstützung der Fußballgemeinschaft.
Ein Zuhause für Spieler aus über 30 Nationen
Der Bellevue FC ist zu einem Zuhause für Fußballer aus über 30 Ländern geworden, die verschiedene Kulturen und Kontinente repräsentieren – von Schottland und Ungarn bis zum Irak und Sudan.
Delwyns Lieblingsgeschichte aus der Gemeinschaft dreht sich um seinen guten Freund Thiago Ginja, der ursprünglich aus Portugal stammt und als erster Schwarzer, Asiate und Angehöriger einer ethnischen Minderheit im Rat des Fußballverbands von Nordostwales sitzt.
„Wir spielen schon seit der Gründung des Bellevue zusammen Fußball und es ist unglaublich zu sehen, wo Thiago heute steht und das er Teil dieser Erfolgsstory ist. Er glaubt so sehr an das, was wir bei Bellevue tun, dass mittlerweile auch sein Bruder und sein Sohn für den Verein spielen. Es ist etwas ganz Besonderes, Teil der Geschichte einer Familie zu sein.“
Der Bellevue FC hat auch einen walisischen Nationalspieler in seinen Reihen – Jordan Wright, der fünf Länderspiele für die walisische Nationalmannschaft für Menschen mit Lernbehinderung bestritten hat. Er sagte: „Es war unglaublich, nach Cardiff zu fahren, um dort zu spielen und diese Länderspiele zu bestreiten. Delwyn hat mir sehr geholfen. Ohne jemanden wie ihn wäre ich heute nicht hier. Die Menschen hier verstehen mich und ich darf Fußball spielen.“
Der glücklichste Zufall
Für Delwyn ist der Bellevue FC mehr als nur ein Fußballverein – es ist ein Projekt, das Leben verändert.
„Ich bezeichne es gerne als den glücklichsten Zufall meines Lebens. Der Verein hat das übernommen. Alle behaupten, sie hätten den besten Job der Welt, aber ich darf einen Fußballverein voller unglaublicher Menschen leiten. Jeder von ihnen hat seine eigene Geschichte, die ihn auf seine Weise zu meinem Helden macht. Jeden Tag darf ich aufwachen und mit ihnen arbeiten. Ich habe wirklich den besten Job der Welt.“